VisionMagazin

Visionär:

Jack Weast

Vice President und General Manager bei Intel Automotive

Vision:

Softwarebasierte und nachhaltige Autos, die nicht nur fahren, sondern auch denken.

Inhalt

Von traditionellen Fahrzeugen zu intelligenten Computern: Warum sich die Autoindustrie neu erfinden muss und wie Chips und KI die Zukunft des Autos gestalten.

Während zum Beispiel das Telefon in den letzten Jahrzehnten enorme Fortschritte machte, hat sich bei Autos verhältnismäßig wenig getan. Das ändert sich gerade massiv. Die Automobilbranche steht vor einem riesigen Umbruch. Das Auto wird digital. Statt Verbrennern gewinnen langfristig Elektroautos die Oberhand. Fahrzeuge werden intelligent. Sie bringen Menschen nicht mehr nur von A nach B, sondern sie können denken und handeln. Sie kennen die Vorlieben des Fahrers und stellen auf dieser Basis die passende Route zusammen. Bei einer Panne steht der Ersatzwagen innerhalb kürzester Zeit am Pannenort bereit. Wie ist das möglich? Mit Technologie und künstlicher Intelligenz (KI). Eine wichtige Rolle spielen dabei Halbleiter – winzige Chips, die den Wagen in einen fahrenden Computer verwandeln. Sie sind das Gehirn jedes Autos und werden von Software gesteuert. Statt Ölwechsel heißt es Software-Updates, statt PS zählt KI. Das verspricht effiziente, umweltfreundliche E-Autos und erleichtert Menschen den Alltag. Zu seiner Vision zur Zukunft des Autos steht Jack Weast von Intel Rede und Antwort.

Interview

Redaktionsteam
Wie entstand Ihre Vision und welchen Einfluss hat Ihre persönliche Leidenschaft auf diesen innovativen Ansatz?

Jack Weast
Meine Liebe zu Autos hat mich definitiv geprägt und beruflich dahin gebracht, wo ich heute stehe. Ich komme aus einer wahrlich autoverrückten Familie. Wir hatten im Laufe der Jahre so viele verschiedene Fahrzeuge, dass ich mich gar nicht mehr an alle erinnern kann. Der Running Gag bei uns zu Hause war, dass wir für jedes Jahr, das meine Eltern verheiratet sind, immer mindestens ein Auto anschaffen mussten.

Jack Weast als Kind und Jugendlicher, Quelle: Intel

Ich kann also mit Fug und Recht behaupten, dass mir Autos am Herzen liegen. Aber Zeiten ändern sich und auch die Automobilbranche ruht sich nicht aus. Die Ära des traditionellen Fahrzeugs nähert sich ihrem Ende, das haben mittlerweile die meisten Autobauer verstanden. Der grundsätzliche Charakter des Autos muss und wird sich verändern. Mit Blick speziell auf den Klimawandel, aber auch auf neue Technologien und Verkehrskonzepte sowie auf veränderte Kundenwünsche, ist das unausweichlich.

Im Gegensatz zu anderen technischen Errungenschaften haben sich Fahrzeuge in den letzten 50 Jahren wenig verändert. Wo sehen Sie das Automobil in den nächsten 50 Jahren?

Es gibt ein entscheidendes Merkmal, das alle modernen Fahrzeuge vereint und von den bisher verbreiteten Autos unterscheidet: Sie sind in ihrem Design nicht von der Mechanik gedacht, sondern von der Software, die im Auto steckt. Das ist ein vollkommen neuer Ansatz: Der erste und wichtigste Gedanke, um ein modernes Fahrzeug zu bauen, gilt nicht der physischen Mechanik, sondern der Software. Diese Transformation zu softwarebasierten Lösungen hat in anderen Branchen bereits stattgefunden.

Wir tragen einen entscheidenden Teil dazu bei, diesen auch in der Automobilindustrie umzusetzen. Man nennt das im Fachjargon Software-Defined Vehicles (SDVs). Der Begriff steht für Fahrzeuge, deren Funktionen mittels Software gesteuert und angepasst werden, ähnlich wie bei einem Computer oder Smartphone. Dabei sprechen wir nicht von einer langsamen Veränderung im Laufe von Jahrzehnten. Vielmehr hat das SDV-Zeitalter längst begonnen. Das liegt vor allem am Wandel hin zur Elektromobilität, die sehr viel mehr Elektronik erfordert als Autos mit Verbrennungsmotor. Elektronik wird von Software gesteuert – und hier schließt sich der Kreis.

Technologie ist die Voraussetzung für die neue Ära des Fahrzeugs.

Dadurch verschieben sich Prioritäten. Motor und Getriebe werden nicht länger die wichtigsten Komponenten eines Autos sein. Traditionelle Leistungsfaktoren wie Spritverbrauch und PS spielen künftig kaum eine Rolle mehr. Stattdessen werden Rechenleistung und Energieeffizienz zu den entscheidenden Faktoren, die ein Auto ausmachen und mit denen es sich von der Konkurrenz abhebt. So wird beispielsweise das Batteriemanagement immer wichtiger, das bestimmt, wie lange der Akku eines Elektrofahrzeugs hält.

Im Mittelpunkt steht mehr denn je das Fahrerlebnis im Auto selbst – und das lässt sich in SDVs besser personalisieren. Intelligente Anwendungen passen sich an den Fahrer oder die Fahrerin an, und diese haben zudem selbst Einfluss auf die Software und können sie jederzeit ändern. Das Beste daran ist: Sie müssen für erweiterte oder angepasste Funktionen das Auto nicht einmal in die Werkstatt bringen. Dies geht von überall.

Autos werden sich in ihrer Funktionsweise immer mehr in die Richtung Unterhaltungselektronik, wie etwa PCs, entwickeln: hochpersonalisierte Alltagsgegenstände, die viele Aufgaben übernehmen und das Leben erleichtern können. Und auch die Vernetzung zwischen Auto und dem digitalen Leben wird immer bedeutsamer. Dann kann etwa im Auto per Sprachsteuerung der Terminkalender verwaltet oder die Heizung zu Hause gesteuert werden, während Sie auf dem Heimweg sind. Auch Videokonferenzen im Fahrzeug oder Videospiele auf den Rücksitzen über eingebaute Displays sind absolut denkbar, um nur einige Beispiele zu nennen.

Welche Rolle spielen Technologie und künstliche Intelligenz bei der Transformation der Automobilbranche?

Vereinfacht ausgedrückt: Fahrzeuge werden in Zukunft nicht mehr um den Motor herum, sondern um einen leistungsstarken Computer herum gebaut sein. Technologie ist die Voraussetzung für diese neue Ära des Fahrzeugs. Und die Grundlage der Technologie wiederum sind Halbleiter, die die Computer steuern, die in das Auto eingebaut sind. Handys, Fernseher und sogar Haushaltsgeräte haben in den letzten 20 Jahren ähnliche technologische Sprünge gemacht. Vom isolierten mechanischen Gerät mit einem einzigen Verwendungszweck wurden sie nach und nach zum Alleskönner, zu eigenen vernetzten Softwareplattformen, die mit anderen Geräten interagieren. Beim Auto steht diese Transformation kurz bevor.

So lassen sich dann auch smarte Anwendungen und künstliche Intelligenz problemlos integrieren. KI, davon bin ich überzeugt, wird in Fahrzeugen in absehbarer Zeit zum Standard werden. Die Einsatzmöglichkeiten sind nahezu grenzenlos. KI kann beispielsweise praktische Funktionen wie Sprachassistenten verbessern, aber auch die Fahrsicherheit erhöhen durch intelligente Fahrassistenzsysteme bis hin zu autonomen Fahrzeugen.

Sie sagen, Halbleiter läuten eine neue Ära des Fahrzeugs ein. Wie kam der Chip überhaupt ins Auto und was macht er dort? 

Halbleitertechnologie in Autos gibt es schon seit den späten 1960er Jahren. Damals bauten Hersteller erstmals Computerchips in Fahrzeuge ein, um die Kraftstoffeinspritzung zu überwachen, zu steuern und effizienter zu machen. Auch Intel ist übrigens schon seit 1976 mit Halbeitern auf dem Automarkt vertreten. Wir haben also über die letzten 50 Jahre live mitverfolgt, wie sich die Halbleitertechnologie in der Autoindustrie verbreitet hat. Im Laufe der Jahrzehnte kamen immer mehr Anwendungen für Chips dazu: von Airbags und Scheibenwischern über ABS und Traktionskontrolle bis hin zu modernen Fahrassistenz- und Navigationssystemen.

Jack Weast auf der CES 2024 in Las Vegas, Quelle: Intel

Das Problem dabei: Die Chips haben in der Regel jeweils nur eine einzige Funktion und interagieren nicht miteinander. Zwar werden die Computerchips immer leistungsstärker, aber allein, dass ihre Zahl immer weiterwächst, macht die Technik in den Autos immer komplexer. So stößt die historisch gewachsene Architektur des Autos, die für jede neue Funktion im Auto einen neuen Chip hinzufügt, aktuell an ihre Grenzen. Deshalb ist der Wandel hin zu softwaredefinierten Fahrzeugen so dringend.

Das bedeutet große Veränderungen für die Autoindustrie, aber auch für uns Menschen. Sind wir bereit für die mobile Revolution? Wie sieht die Beziehung Mensch-Maschine in Zukunft aus, insbesondere im Kontext des Autofahrens?

Klar ist: Die Art und Weise, wie Menschen sich fortbewegen, wird sich signifikant verändern, gerade innerhalb von Städten. Autonomes Fahren ist dabei nur eine Facette von vielen. Autos werden Menschen auch weiterhin von A nach B bringen, sie sind in Zukunft aber weit mehr. Das Fahrzeug unterstützt den Fahrer oder die Fahrerin, denkt mit, erleichtert viele Aufgaben und ist für die Dauer der Fahrt Begleiter und Assistent. Das Auto wird zum zweiten Lebens- und Arbeitsbereich.

Die Interaktion zwischen Mensch und Maschine wird zu einem entscheidenden Faktor, damit diese Vision Wirklichkeit wird. Die Interaktion muss jederzeit klar und transparent sein. Die Mensch-Maschine-Beziehung wird sich weiterentwickeln, wir müssen nur sicherstellen, dass sie auf Vertrauen, Sicherheit und effektiver Kommunikation beruht.

Die Mensch-Maschine-Beziehung muss auf Vertrauen, Sicherheit und effektiver Kommunikation beruhen.

Welche Rolle spielt das Vertrauen in die Technologie, und wie kann dieses Vertrauen aufgebaut und erhalten werden?

Skepsis gegenüber neuen Technologien ist nichts Ungewöhnliches. Wir erleben es ja gerade beim Thema KI, dass auch die negativen Auswirkungen stark diskutiert werden. Die Zurückhaltung ist zum Teil sicherlich nachvollziehbar, schließlich kann und wird KI sehr viele Lebensbereiche massiv verändern.

Nur, wenn Vertrauen und Akzeptanz auf breiter Basis vorhanden sind, kann Technologie ihr Potenzial vollständig entfalten. Dazu gilt es, Bedenken ernst zu nehmen, aber gleichzeitig die Vorteile aufzuzeigen und klarzumachen, dass Technologie das Leben nicht nur verändert, sondern verbessert. Am besten hilft es dabei, schnelle Fortschritte zu erzielen und Versprechen in die Zukunft einzulösen. Im Falle der Autoindustrie ist das Erfolgsgeheimnis, innerhalb der Branche gemeinsam zu handeln. Nur wenn alle in die gleiche Richtung gehen, lassen sich schnelle Erfolge erzielen und Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit der Branche zu schaffen. Daher setzt sich Intel auch für offene Standards und offene Plattformen ein, von denen alle Autohersteller profitieren können.

Wie wichtig ist visionäre Führung, um die Automobilbranche in eine nachhaltige Zukunft zu lenken?

Mit dem Übergang zu elektrischen und softwarebasierten Fahrzeugen steht die Automobilindustrie vor dem tiefgreifendsten Wandel ihrer Geschichte. Mit ein paar Veränderungen oder Stellschrauben ist es nicht getan und ein „weiter so“ kann es erst recht nicht geben. Autobauer müssen jetzt handeln und sich verändern, um auf Dauer konkurrenzfähig zu bleiben. Marken müssen sich komplett neu erfinden. Kulturelle Gewohnheiten müssen sich verändern. Insofern: Ja, visionäre Führung ist von sehr großer Bedeutung. Wichtig dabei ist, wie bereits angedeutet: Silolösungen bringen weder die Branche noch den einzelnen Hersteller nachhaltig voran. Das klappt nur durch gemeinsames Handeln.

Kulturelle Gewohnheiten müssen sich verändern. Insofern ist visionäre Führung von großer Bedeutung.

Können Sie Beispiele geben, wo klare Visionen bereits tiefgreifende Veränderungen in der Branche bewirkt haben?

Einige Autobauer, vor allem auf dem chinesischen Markt, sind schon sehr weit und nutzen moderne Technologien, um das Fahrerlebnis zu verbessern und zu personalisieren. So verfügen beispielsweise einige Modelle über eine vollständig in 3D ausgeführte Benutzeroberfläche und einen generativen KI-Sprachassistenten, der sich individuell und sogar gleichzeitig mit verschiedenen Passagieren unterhalten kann. Was dadurch deutlich wird: Die Ideen und die Technologien sind längst da, wir müssen sie nur massentauglich machen.

Wann wird Ihre Vision Wirklichkeit und was kommt danach?

Am Ende dieses Jahrzehnts wird die Automobilbranche eine komplett andere sein, als sie es jetzt ist. Schon in etwa einem Jahr werden wir deutliche Veränderungen wahrnehmen können. Der softwarebasierte Ansatz beim Fahrzeugdesign wird dann dazu führen, dass Hersteller für die Entwicklung eines Autos statt bislang vier bis fünf Jahre nur noch 12 bis 18 Monate benötigen. Das ergibt eine völlig neue Flexibilität und Agilität auf dem Automarkt. Ich bin gespannt, zu welchen neuen Designs und Features das führen wird. Die Möglichkeiten sind jedenfalls nahezu unbegrenzt.

Vielen Dank für das Interview!

Das Interview führte
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QUELLE: BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V.

 

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