Das Verständnis von Arbeit im Wandel
Die Worte, die wir für unsere Arbeit wählen, verraten mehr über uns, als wir denken. Nehmen wir zum Beispiel „Beruf“ – ein Begriff, der lange Zeit vor allem eines meinte: die Tätigkeit, mit der man seinen Lebensunterhalt bestreitet. Eine Notwendigkeit, keine Wahl. Arbeit war Pflicht, nicht Selbstverwirklichung.
Doch dann geschah etwas Interessantes: Aus „Beruf“ wurde „Berufung“. Der Fokus verlagerte sich. Es ging nicht mehr nur darum, Brot auf den Tisch zu bringen, sondern darum, mit dem, was wir tun, einen Sinn zu finden. Arbeit wurde plötzlich etwas, das uns prägt, etwas, das mit unserer Identität verschmilzt.
Eine Berufung zu haben, das klingt fast poetisch, oder? So, als ob wir für eine bestimmte Aufgabe geschaffen wären, als ob das, was wir tun, unser Leben reich macht – nicht nur unseren Geldbeutel. Es ist eine Idee, die unsere Perspektive auf Arbeit revolutioniert hat. Aber sie birgt auch eine Herausforderung: Was, wenn wir keine klare Berufung spüren? Oder wenn die Arbeit, die uns nährt, uns nicht erfüllt?
Vielleicht ist das die Spannung, in der wir heute leben. Zwischen der Notwendigkeit, zu arbeiten, und dem Wunsch, durch diese Arbeit erfüllt zu sein. Zwischen dem Brot und den Rosen. Und vielleicht liegt die wahre Kunst darin, diese beiden Welten miteinander zu verbinden – unseren Beruf zu einer Berufung zu machen.
Welchen Begriff wir für unseren Beruf verwenden, sagt viel über unser Verständnis von Arbeit aus.
Es gibt weitere Begriffe, die wir synonym für „Beruf“ verwenden und die uns Einblicke in unsere Vorstellung von Arbeit geben. Mit „Laufbahn“ betonen wir den fortwährenden Prozess der beruflichen Entwicklung und die Möglichkeit, innerhalb eines Berufs aufzusteigen. Ähnliche Hintergründe hat der Begriff „Karriere“. Das Wort stammt aus dem Spanischen „carrera“, was übersetzt „Rennbahn“ bedeutet. „Karriere“ überbietet das Konzept der Laufbahn und des ständigen Wachstums. Unsere Wörter zeigen: Wir werden immer schneller! Von einem Ruf zu einer Laufbahn bis hin zur Rennbahn.
In der heutigen schnelllebigen Gesellschaft wird erwartet, dass Menschen eine Karriere planen und verfolgen, um beruflich erfolgreich zu sein. Es geht darum, immer weiter voranzukommen und sich in immer höhere Positionen zu arbeiten. Die Entwicklung zeigt, wie sich das Verständnis von Arbeit und beruflicher Identität im Laufe der Geschichte verändert hat.
Generationen im Vergleich
Die Boomer-Generation, die heute berufstätige Generation Y und die junge Generation Z haben unterschiedliche Ansichten über den Sinn der Arbeit und die Bedeutung von Leistung. Harte Arbeit und die Bereitschaft, Verantwortung zu unternehmen, um materiellen Wohlstand und Karrierefortschritt zu erreichen waren für die Boomer-Generation das A und O. Für Generation Y ist der Sinn der Arbeit jedoch entscheidend. Sie möchten einen Job haben, der ihnen ein Gefühl von Bedeutung und Zweck vermittelt. Für sie ist es wichtiger, dass die Arbeit eine positive Auswirkung auf die Gesellschaft hat, als lediglich ein Einkommen zu generieren.
Ähnliche Ansichten hat auch die junge Generation, die beginnt, ins Berufsleben einzusteigen. Die Generation Z strebt nach einem Job, der sie persönlich erfüllt. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung schreibt: „Nicht die Höhe des Gehaltes und der mit der Arbeitsstelle verbundene Status sind wichtig für die Generation Z. Stattdessen stehen Selbstverwirklichung, Spaß am Beruf, gutes Arbeitsklima und passendes Arbeitsumfeld im Vordergrund.“
UnternehmensVision
Diese Verschiebung der Prioritäten hat Auswirkungen darauf, wie Unternehmen Mitarbeiter gewinnen und motivieren können. Ein attraktives Gehalt oder Aufstiegsmöglichkeiten reichen nicht mehr aus. Unternehmen müssen eine klare Vision haben. Etwas Sinnstiftendes bettet die Arbeit des Unternehmens in einen größeren Kontext ein und zeigt, was das Unternehmen verändern möchte. Das Ziel eines Unternehmens ist es schließlich nicht, Geld zu verdienen – im Gegensatz zur landläufigen Meinung. Geld ist immer ein Nebeneffekt guter Leistung oder Produkte. Und das Produkt ist logischerweise aus dem Wunsch entstanden, etwas zu verändern und einen Wert zu schaffen.
Generation Y und Z arbeiten nicht nur, um Geld zu verdienen.
Natürlich hängt die Motivation von Mitarbeitern nicht ausschließlich von der Vision eines Unternehmens ab. Während diese zwar vor allem für Generation Y und Z eine entscheidende Rolle spielen, bleiben Arbeitsbedingungen, Karrieremöglichkeiten und Arbeitskultur wichtige Faktoren. Unternehmen müssen sicherstellen, dass sie eine Arbeitsumgebung bieten, in der ihre Mitarbeiter ihre Talente und Fähigkeiten entfalten können. Auf diese Weise können sie die besten Mitarbeiter motivieren und halten und den Ansprüchen der jüngeren Generationen gerecht werden.
Berufung als neuer Purpose
Arbeiten, um Geld zu verdienen – das war lange Zeit das Ziel. Einfach und pragmatisch. Aber heute? Heute reicht das vielen nicht mehr. Besonders die Generationen Y und Z – die sogenannten Millennials und Digital Natives – wollen mehr. Sie fragen nach dem „Warum“. Warum tue ich, was ich tue? Wie trägt meine Arbeit zu etwas Größerem bei? Was bleibt, wenn der Arbeitstag vorbei ist – außer einer Überweisung auf dem Konto?
Das ist eine Herausforderung, aber auch eine Chance. Unternehmen, die mehr bieten als nur Gehaltsschecks, die eine Vision haben und diese klar kommunizieren, können genau das sein, wonach diese Generationen suchen. Ein Ort, der nicht nur Arbeitsplatz ist, sondern Raum für Sinn und Gemeinschaft. Ein Unternehmen mit einem Warum – einer Vision, die über Gewinnmaximierung hinausgeht.
Doch dafür braucht es Mut. Mut als Führung, innezuhalten und die entscheidende Frage zu stellen: Warum existieren wir? Was treibt uns an? Es reicht nicht, diese Frage oberflächlich zu beantworten. Die Menschen merken, wenn ein „Warum“ nur Fassade ist. Es muss echt sein, spürbar, in den Werten, im Umgang miteinander und in der Vision, die gelebt wird.
Die Arbeitswelt ist im Wandel, und das ist gut so. Es ist an der Zeit, dass Unternehmen nicht nur über Effizienz und Zahlen nachdenken, sondern auch über Inspiration und Sinn. Denn die Wahrheit ist: Menschen, die eine echte Berufung in ihrer Arbeit sehen, sind nicht nur motivierter, sie bleiben auch. Und sie tragen dazu bei, dass Unternehmen nicht nur überleben, sondern blühen.
Um Mitarbeiter zu motivieren und zu halten, müssen Unternehmen zeigen, dass ihre Arbeit Sinn stiftet.