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Die menschliche Spezies entwickelte sich, während die Verhältnisse knapp waren. Alles war limitiert. An Nahrung zu kommen, war immer mit Anstrengung verbunden, sämtliche Interaktionen auf etwa 150 Individuen beschränkt. Relevante Informationen wurden nur mündlich weitergegeben. Somit war jede zusätzliche Ressource, an die ein Mensch kommen konnte, mit hoher Wahrscheinlichkeit vorteilhaft für dessen Überleben. Kein Wunder also, dass unser Gehirn Dopamin freisetzt, wenn wir mehr bekommen.
Mittlerweile haben wir viele dieser ursprünglich natürlichen Einschränkungen überwunden. Alle modernen Probleme entstehen aus Überfluss statt aus Mangel. Depression? Zu viele soziale Medien. Fettleibigkeit? Zu viele billige Kohlenhydrate. Angst? Zu viele Nachrichten. Dennoch halten wir uns immer noch an unsere natürliche Voreingenommenheit. Wir versuchen, das Leben zu verbessern, indem wir hinzufügen. Wir sind süchtig nach mehr.
Via negativa (der negative Weg) stellt eine Alternative dar. Dieses Prinzip ist inspiriert aus dem Platonismus, der Lehre des griechischen Philosophen Platon und wurde anfangs vor allem in der Theologie angewandt. So stellte man fest, dass es einfacher war, Eigenschaften zu bestimmen, die nicht auf Gott zutreffen, als Eigenschaften festzustellen, die er mit Sicherheit besitzt. Via Negativa bedeutet also, zu reduzieren – und dadurch dem Ziel näher zu kommen.
Wir versuchen, das Leben zu verbessern, indem wir hinzufügen.
- Dr. Patrick May
Weniger
Jedoch bedarf es bewusstem Handeln, in einer Welt voller Reize weniger zu wählen. Unsere Sucht nach mehr zu überwinden, ist nicht einfach. Doch paradoxerweise ist es genau das, was unser Leben enorm verbessern kann: Das Schlechte zu beseitigen ist oft effektiver als mehr Gutes hinzuzufügen. Von Natur aus gewichten wir Negatives stärker als Positives. Dieses psychologische Phänomen wird oft als „negativity bias“ (Negativitätsverzerrung) bezeichnet. Glücklich sein ist immer relativ. Aber du kannst definitiv zu 100% tot sein. Das Negative ist also deutlich relevanter. Dich darauf zu fokussieren, hat dich bis jetzt am Leben gehalten und wird es weiterhin tun. Unsere „Programmierung“ ist also eher ein Überlebensmechanismus.
Wenn wir also zu dem Schluss kommen, dass Schlechtes uns stärker beeinflusst als Gutes, sollten wir uns die Frage stellen: „Was macht mich unglücklich?” Häufig finden wir darauf eine konkretere Antwort als darauf, was uns glücklich macht. Der Fokus auf das Eliminieren des Negativen ist also ein besseres Vorgehen für ein erfülltes Leben.
Wenn du also ein Ziel erreichen möchtest, solltest du dich nicht fragen: „Wie erreiche ich dieses Ziel?“, sondern: „Was steht mir dabei im Weg und wie kann ich es überwinden?“
Weniger ist also besser.
Und was willst du so loswerden?