VisionMagazin

Veränderung mit klarer Vision – im Interview mit Thomas Heinemann

Im Interview erzählt Thomas Heinemann von seinem Weg als Unternehmer. Im Bezug auf das Dauerthema Veränderung berichtet er von seinen Erfahrungen, Neues auszuprobieren und Flexibilität zu zeigen, ohne seine Vision aus den Augen zu verlieren. Auch das Team spielt bei Veränderungsprozessen eine wichtige Rolle.

Inhalt

Interview

Daniel Büscher
Mir ist in unserer langjährigen Zusammenarbeit deine Flexibilität aufgefallen. Du warst immer bereit, Neues auszuprobieren und auch ungewöhnliche Wege zu wählen. Wie wichtig findest du die Fähigkeit zur Anpassung und Flexibilität in der Geschäftswelt?

Thomas Heinemann
Ich freu mich und danke dafür, dass du das Gefühl hast, dass ich der richtige Ansprechpartner für dieses Thema bin. Veränderungen passieren dauerhaft und wir müssen uns immer anpassen.

Ich führe das Präsentstudio Soennecken seit mehr als der Hälfte meines Lebens und es gab viele Situationen, in denen ich mich gefragt habe, ob ich diesen Job wirklich machen möchte. Aber jetzt, nach über 26 Jahren, kann ich sagen, dass ich es jederzeit wieder so tun würde. Es ist eine Herausforderung, aber auch etwas Besonderes, selbstständig zu sein und die Entwicklungen und Veränderungen des Unternehmens mitzuerleben und mitgestalten zu können. Davon gab es viele, sowohl große als auch kleine. Wir müssen uns immer anpassen und dürfen nicht starr bleiben.

Wie oft musstest du Veränderungen vornehmen, weil das bisherige Vorgehen nicht mehr funktionierte?

Ich denke, dass es Dinge gibt, die man als Unternehmer nicht ändern sollte und auch nicht ändern darf. Dabei geht es nicht unbedingt um Tätigkeiten im Unternehmen, sondern um die grundlegenden Werte und Prinzipien. Auch wenn sich die Welt um uns herum verändert und gewisse Dinge an Bedeutung verlieren, sollten wir beispielsweise Werte wie Ehrlichkeit, Wahrheit, Geradlinigkeit und Offenheit beibehalten. Diese sind die Grundlagen und Säulen eines jeden Menschen und Unternehmens. Ich möchte, dass meine Mitarbeiter diese Werte teilen und nicht versuchen, sie zu ändern. Man muss nicht immer alles neu erfinden, sondern kann auf gewissen Grundwerten aufbauen.

Ich muss mich jeden Tag ein bisschen verändern, um flexibel zu bleiben und auf neue Herausforderungen reagieren zu können. In meinem Leben gab es viele große Veränderungen, meist aufgrund von Krankheit oder wirtschaftlichen Krisen. Wenn ich nicht reagiere und nicht anpassungsfähig bleibe, kann das Unternehmen in Schwierigkeiten geraten. Deshalb muss ich immer überlegen, wo ich Veränderungen vornehmen kann.

Ich muss in jeder Situation neu denken und entscheiden. Meiner Meinung nach gibt es zwei Seiten: Einerseits ist es wichtig, im Kleinen flexibel zu bleiben, aber andererseits ist es manchmal notwendig, größere Änderungen umzusetzen, besonders, wenn es um wichtige Themen geht.

Wie du vorhin erwähnt hast, sollte nicht alles verändert werden. Der Kern, die Identität, muss irgendwie klar sein und man sollte sich selbst treu bleiben. Dazu gehören auch die Werte, wie du bereits gesagt hast. Inwieweit gibt es noch andere Bereiche, in denen du vorsichtig wärst, Änderungen vorzunehmen?

Also, für mich sind die Werte, die ich gerade genannt habe, aus meinem persönlichen Glaubensleben heraus sehr wichtig. Der christliche Glaube ist für mich die Basis meines Lebens, und ich führe mein Unternehmen auch auf dieser Grundlage und diesen Werten. Natürlich haben nicht alle meine Mitarbeiter und Kollegen die gleiche Grundlage wie ich, und das ist auch in Ordnung. Wichtig ist, dass sie verstehen, wie ich ticke und funktioniere und wo sie bei mir dran sind.

Aber es gibt auch andere Dinge, die für mich feststehen. Ich kann nicht einfach von einem Werbemittel-Studio auf eine Drogerie umsteigen. Ich muss also bei den Dingen bleiben, die ich kenne und beherrsche. Es gibt immer Bereiche, in denen Veränderungen auftreten, aber das Kerngeschäft bleibt trotzdem bestehen. Jeder hat sein Know-how, sein Wissen und seine Möglichkeiten, und man sollte sich auf diese fokussieren. Wenn eine Krise auftritt, muss man sich zwar verändern, aber man kann nicht einfach sagen, dass man Millionen investiert und etwas ganz Neues macht. Es ist wichtig, sich als Unternehmen von Problemen nicht unterkriegen zu lassen, sondern sie zusammen zu bewältigen.

Wie förderst du eine Kultur der Veränderungsbereitschaft, auch bei Mitarbeitern im Unternehmen?

Es gibt viele Möglichkeiten, Veränderungen umzusetzen. Dennoch muss ein Prozess stattfinden, damit diese Umsetzungen auch gelingen. Eine Idee des Chefs reicht nicht aus, um Veränderungen herbeizuführen. Auch als Arbeitgeber kann man nicht einfach sagen, dass man morgen etwas Anderes macht oder sich ergänzt. Veränderungen müssen vom Team mitgetragen werden, um erfolgreich zu sein. Das ist die größte Herausforderung, aber auch das Wichtigste bei der Durchführung von Veränderungen. Es ist gefährlich, einen Weg zu gehen, ohne dass das Team dahintersteht.

Man kann es auf die Grundlagen reduzieren: Veränderungen kommen oft unerwartet. Obwohl man gewisse Dinge ahnt und sich mental vorbereitet, läuft man weiter auf dem eingeschlagenen Weg, weil er bisher funktioniert hat. Dann kommt der große Knall, der uns aus der Bahn wirft. Das ist in diesem Moment schwer zu verkraften. Aber wenn man sich dann neu orientiert hat, macht einen das als Team und als Unternehmen stärker.

Veränderungen müssen vom Team mitgetragen werden, um erfolgreich zu sein. Das ist die größte Herausforderung, aber auch das Wichtigste.

Du hast gerade gesagt, dass eines der grundlegenden Dinge darin besteht, das Team einzubeziehen. Aber wenn die Situation kommt, dass Veränderung notwendig wird, wie schafft man es es, alle ins Boot zu holen? Wie erreichst du Veränderungsbereitschaft im Team?

Da kann ich nur sagen, wie ich es mache und was erfolgreich war. Früher war ich eher der Mensch, der sagte: ‚Ich habe eine Idee, das ist der Weg, hier das Ziel und dahin laufen wir jetzt‘ …mal so ganz plakativ. Das hat oft nicht funktioniert. Jetzt gehe ich anders vor. Ich gehe mit dem Status quo auf die Mitarbeiter zu und sage: ‚Wir haben diese und jene Situation, wir haben dieses und jenes Problem.‘ Besonders bei so großen Dingen wie der Wirtschaftskrise 2008 oder Corona haben alle Sorgen und Nöte. Wie geht es weiter? Wie sieht die Zukunft aus? Wie kann ich das Schiff durch den Sturm manövrieren? Wenn ich dann die Mitarbeiter mitnehme und sage: ‚Wir haben diese Situation, macht mal Vorschläge‘, dann nehmen sie nicht nur teil, sondern sind auch davon überzeugt, dass sie selbst rudern müssen. Sie sagen dann: ‚So Chef, jetzt lenke du mal das Steuer, aber wir rudern dahin, wo du uns steuerst. Wir haben das Vertrauen dazu.‘ Wichtig ist nur, dass jeder das Recht und die Chance hat, Vorschläge zu machen und Entscheidungen anzustoßen. Letztendlich muss ich dann entscheiden, welchen Weg wir gehen. Mir hilft es jedoch, wenn von 30 Mitarbeitern 20 sagen: ‚Hey, da sehen wir eine Chance, da und da nicht.‘ Dann sollte ich mich doch inspirieren lassen und den Weg mitgehen. Wenn wir alle überzeugt sind, haben wir nur Erfolg. Wir müssen das Problem schon zusammen erörtern und gemeinsam eine Lösung finden.

Welche Rolle spielt für dich der Begriff „Vision“ im Rahmen von Veränderungsprozessen?

Ich sehe eine Vision als Zieldefinition, die das Unternehmen darstellt und heruntergebrochen auf wenige Worte darlegt, wer wir sind, was wir tun und wo wir stark sind. Jeder Mitarbeiter muss diese Vision verinnerlichen. Ich habe am Horizont eine Vision, und das ist da, wo ich hin möchte. Ich bin wie auf einer Wanderung, auf dem Weg zu diesem Ziel gibt es immer wieder Steine, Flüsse, Felder, um die ich drum herum muss. Trotzdem darf ich das Ziel nicht aus den Augen verlieren. Die Vision muss stehen bleiben, aber durch Veränderung auf dem Weg dahin schaffe ich es, Krisen und Schwierigkeiten zu umgehen. Die Vision darf ich nicht grundlegend verändern. Das ist für mich eine Konstante. Immer daran festhalten ist ganz wichtig.

Wenn die Vision klar ist, kann ich mich in jeder Veränderung immer wieder nach ihr ausrichten.

Ja, das stimmt! Ich finde auch, dass die beiden Dinge eng miteinander verbunden sind. Zum einen Flexibilität und Veränderungsbereitschaft und zum anderen die Vision, die konstant bleibt. Wenn die Vision nicht klar ist, können Veränderungen extrem zickzackförmig verlaufen bis zu dem Punkt, dass man sich verläuft. Wenn die Vision jedoch klar ist, kann ich mich in der Veränderung immer wieder ausrichten. Der Weg kann sich vielleicht ändern und ich kann ein paar Kurven nehmen, aber das Ziel bleibt, damit ich am Ende auch ankommen kann.

Ja, genau! Es ist wirklich ein spannendes Thema. Ich möchte jedem Mut machen, trotz Herausforderungen Veränderungen anzupacken, weil sie ein natürlicher Bestandteil des Lebens sind. Je älter ich werde, desto mehr handle und denke ich anders. Das ist normal und gehört zum Leben dazu. Ich verändere mich, aber das bedeutet nicht, dass ich deshalb eine andere Person werde. Ich verändere mich, aber bleibe trotzdem ich.

Ich verändere mich, aber bleibe trotzdem ich.

Vielen Dank für das Gespräch!

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QUELLE: BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V.