Was haben Wellness-Oasen mit Autohäusern gemeinsam?
Wer heute passende Mitarbeiter finden und halten will, darf sich verabschieden von „Schema F“. Es braucht einen Perspektivwechsel, im wahrsten Sinne des Wortes. „Schaut über den Tellerrand“, empfiehlt Andrea Patzelt. „Seid mutig!“
Die Initiatorin des Deutschen Online Autohaus Kongress (DOAK) weiß, von was sie spricht, sie selbst ist kein Kind der Automobilbranche – vielmehr startet sie zunächst im Wellness-Luxus-Hotelbereich durch. „Unternehmen haben alle die gleiche Herausforderung“, sagt sie. Jobprofile ändern sich – für neue, aber auch bestehende Mitarbeiter. Das kann auf die Stimmung drücken. Andrea Patzelt weiß, wie man top Leute findet, aber auch, wie man sie hält – sie ist den Weg selbst gegangen. Ihre Hintergründe und Tipps lest ihr hier.
Die Andrea Patzelt, die ich heute bin, war ich nicht immer – rückblickend denke ich, dass meine herausforderndste Zeit mein größter Antrieb war. Nach einem Umzug kam ich direkt von der ersten Klasse in die dritte, damit war ich mit Abstand die Jüngste. So richtig gehörte ich nicht dazu – Natur und Bücher waren damals meine besten Freunde.
In dieser Zeit mit mir selbst wuchs der Wunsch, nach Amerika zu gehen. Kaum war ich 18, war ich weg – mit der festen Überzeugung, nie wieder zurückzukommen. Am Ende wurde es ein Jahr. Ein Jahr, in dem ich mein Leben neu ausgerichtet habe.
Heute ist wohl mein ansteckendes Lachen „typisch Andrea“, geblieben ist meine „Ich-mach-das-jetzt“-Mentalität. So fremd ich mich damals als Schülerin fühlte, so sehr wuchs im Laufe der Zeit meine innere Überzeugung: Jeder kann über sich hinauswachsen. Menschen zusammen- und weiterzubringen, das ist meine Mission. Vieler meiner Tipps haben sich nachhaltig bewährt und ich bin sicher, dass sie auch euch zu neuen Handlungsmustern inspirieren können.
Wenn es nicht mehr passt, geh! Darum sind Werte so wichtig
Damals stand mein Leben Kopf – mit 100 D-Mark im Gepäck kam ich in den USA an. Alles war fremd. Doch als der Ton in meiner Au Pair-Familie zu rau wurde, ging ich. Neues Umfeld, großes Glück – so kam ich zu der Familie, die mich so wunderbar prägte.
Intuitiv, schnell Entscheidungen treffen – dieser Faden zieht sich durch mein Leben. Für mich persönlich bedeutete das: Wenn gemeinsame Werte fehlen, gehe ich den nächsten Schritt – ob als erste Club-Managerin für Holmes-Place, Leiterin diverser Spa-Bereiche in internationalen Luxus-Hotels, mit meiner Recruiting-Agentur für Jaguar Land Rover Deutschland, oder andere beruflichen Stationen. Ich entschied mich dabei für einen bewussten Anfang und ein bewusstes Ende. Natürlich gab es Höhen und Tiefen auf diesem Weg, aber, und das ist das Wichtigste: Es war mein Weg.
Mein Tipp: Klar und offen kommunizierte Werte im Unternehmen sind wertvolle Richtlinien – nach innen und außen. Als Unternehmen könnt ihr daran Weiterbildungen ausrichten, Mitarbeitergespräche führen oder neue Top-Kollegen finden – so festigt ihr nach und nach euer Traumteam.
Einfach machen – darum ist Wagen so wichtig
Die Selbstwahrnehmung ist oft eine andere als die Fremdwahrnehmung. Auch mir ging das so: Lange habe ich nicht verstanden, warum mir meine Chefs so viel Freiheit und Vertrauen entgegenbrachten. Doch meine Neugierde war stärker als meine Angst vor Fehlern – meine Vorgesetzten glaubten an mich, vertrauten mir ihre wichtigsten Projekte an. Sie trauten mir zu, dass ich erfolgreiche Ergebnisse liefere, was ich tat. Dieser Vertrauensvorschuss hat mich nachhaltig gestärkt.
Mein Tipp: „Ist doch klar, dass…“ Eben nicht. Klar ist gar nichts. Rückmeldungen sind wichtig und wertvoll und können richtungsweisend sein. Traut euern Mitarbeitern was zu, fordert sie heraus – es motiviert ungemein, etwas zugetraut zu bekommen. Sprecht daher regelmäßig über Wünsche, Ideen, aber auch über Stimmungen.
Der Mensch im Mittelpunkt – so steht dein Team hinter dir
2017 bekam ich ein verlockendes Angebot – von heute auf morgen führte ich mein eigenes Wellness-Unternehmen. Eine sehr fordernde und lehrreiche Zeit. Als Coach und Führungspersönlichkeit hatte ich zwar über die Jahre Erfahrungen gesammelt, doch selbst ein Unternehmen zu führen, das war eine ganz andere Nummer. So sehr mich die unternehmerische Seite beanspruchte, mein Team profitierte regelmäßig von meinen Coaching-Skills. Das gab meinen Mitarbeitern, aber auch mir Halt – denn hier war ich inhaltlich zu Hause. Als ich nach vier Jahren das Unternehmen verkaufte, hatten alle 21 Mitarbeiter Tränen in den Augen. Mit so viel Dankbarkeit hatte ich damals nicht gerechnet.
Mein Tipp: Egal, wie fordernd die Zeiten in deinem Unternehmen sind – kümmerst du dich um deine Mitarbeiter, bringst du sie voran, halten sie zu dir. Mein Team habe ich damals zweimal die Woche gecoacht. Gemeinsam arbeiteten wir regelmäßig an unserer Persönlichkeitsentwicklung. Der Effekt: Je stärker der Einzelne, umso fester und besser das gesamte Team.
Schau genau hin – so funktioniert Quereinstieg für beide Seiten
Nach einem Jahr Job-Auszeit als Vollzeit-Mama ging‘s für mich in ein ganz neues Gebiet: Die Automobilbranche. Jaguar Land Rover Deutschland wollte eine neue Zielgruppe ansprechen, neue passende Mitarbeiter wurden gebraucht. Als Quereinsteigerin gewann ich das Rennen gegen „brancheninterne“ und etablierte Personalagenturen. Meine Idee eines klugen Onboarding-Prozesses und regelmäßiger Coachings überzeugte. Die nächsten fünf Jahre baute ich eine Recruiting-Agentur mit 16 Mitarbeitern auf. Deutschlandweit suchten und fanden wir rund 700 Persönlichkeiten für die Marke.
Als Neuling in der Branche lag mein Fokus auf diesen Fragen: Wie ticken die Führungskräfte, wie sind die Mitarbeiter aufgehoben? Das erste Jahr fuhr ich quer durch Deutschland und besuchte Händler – stellte mich vor, schaute Betriebe an.
Mein Tipp: Jeder Mitarbeiter sollte die Sprache des Unternehmens und der Branche sprechen. Gerade für HR-Kollegen ist es unbezahlbar, die unterschiedlichen Abteilungen und Filialen gut zu kennen. So bekommen sie schneller ein Gespür für potenziell passende neue Kollegen. Ein einfacher und zugleich mächtiger Hebel, für Unternehmen und motivierte Quereinsteiger.
Über den Tellerrand schauen
Meine berufliche Reise vereint zwei Branchen, die nicht unterschiedlicher sein könnten – die Wellness-Luxushotelbranche und die automobile Welt. Der Wechsel ist für beide Seiten attraktiv: Die Rahmenbedingungen sind reizvoll – bessere Arbeitszeiten sowie üppigeres Gehalt. Hotelmitarbeiter haben oft Schichtdienst und keinen allzu hohen Lohn. Dies sieht im Autohandel anders aus.
Durch diesen Quereinstieg profitiert die Automobilbranche von frischem Wind:
- Rezeptionisten kennen die Magie freundlicher Worte, können aber auch mit Unfreundlichkeit umgehen.
- Servicemitarbeiter sind am Telefon geschult und kommunizieren zielführend.
- Abteilungsübergreifende Kurz-Meetings – dreimal täglich. Innerhalb von Minuten gibt es ein Update, gerne im Stehen. Es geht um‘s WIR-Gefühl – so sind alle Mitarbeiter Teil des Ganzen.
Mein Tipp: Wenn ihr aus eurer Bubble rausgeht, seht ihr: Andere Branchen haben gleiche Herausforderungen – lasst euch von deren Lösungen inspirieren! Genau das ist die Zauberformel meines Herzensprojektes DOAK – beim Deutschen Online Autohaus Kongress bringe ich Experten aus unterschiedlichsten Bereichen und Branchen zusammen. So erfährt das Autohaus aus erster Hand, wie eine Servicedienstleistung zum Serviceerlebnis werden kann. Der Effekt: Eine klare Blaupause inklusive Ansporn fürs Team. Denn ab sofort gilt: Ja, das machen wir auch.
Meine innere Überzeugung: Jeder kann über sich hinauswachsen!
– Andrea Patzelt