Das sprechende Tier
Sprache ist ein einzigartig menschliches Phänomen. Die verbale Kommunikation hilft uns, Ideen auszutauschen, uns zu Gruppen zusammenzuschließen und kollektives Verhalten zu koordinieren. Sprache hat es uns ermöglicht, über unsere zerbrechliche individuelle Existenz hinauszuwachsen und uns zum mächtigsten Wesen der Natur zu machen. Kommunikation ist eine unvorstellbar wichtige menschliche Fähigkeit.
Während unserer gesamten Entwicklungsgeschichte war die Sprache jedoch durch die Physik und später durch die Zugänglichkeit begrenzt. Lange Zeit waren die Fragen „Wer hat Zugang?“ und „Wer kann erreicht werden?“ die Grenzen in der Geschichte der Kommunikationstechnologie.
Kommunikation und Technologie – zwei Verbündete
Bei den Stämmen konnte die Sprache, wenn man sehr laut war, vielleicht fünfzig Meter weit getragen werden. Durch die Entfernungsbegrenzung der Schallwellen war die Kommunikation also auf den eigenen Stamm beschränkt. Die einzigen Menschen, mit denen man sprechen konnte, waren die, mit denen man geboren wurde. Allerdings hatte jeder die gleichen Möglichkeiten, seine Stimme einzusetzen (abgesehen von biologischen Unterschieden in der Lautstärke der Stimme).
Die Anzahl der Menschen, die man erreichen konnte, war also die natürliche Grenze der Kommunikation.
Im Laufe der Geschichte wurden die physischen Grenzen der Sprache jedoch allmählich erweitert. Als Folge der größeren Reichweite wurde der Zugang zu neuen Kommunikationsinnovationen oft zur größten Einschränkung.
Zuerst war es der Handel, der die Verbreitung von Ideen über Grenzen hinweg ermöglichte, wenn auch sehr langsam und auf Kaufleute beschränkt. Später bereitete die Gutenberg-Revolution die Köpfe auf das Lesen und Schreiben vor. Seitdem können Worte getrennt von ihren biologischen Behältern reisen. Sie konnten nun von immer mehr Menschen in Büchern und Briefen gespeichert werden und sogar die Lebensdauer ihrer biologischen Einheiten überschreiten. Dennoch war die Geschwindigkeit der Worte immer noch sehr gering und oft auf die Privilegierten beschränkt.
Paradoxerweise wurde die Kommunikation zwar von ihren geographischen Grenzen befreit, aber für die Menschen weniger zugänglich. Erst allmählich demokratisierte sich das Lesen und Schreiben.
Die Asymmetrie der Verfügbarkeit wurde durch die Industrialisierung noch verstärkt. Während die Schrift immer weiter verbreitet wurde, haben die neuen Technologien die Reichweite und Häufigkeit der Kommunikation dramatisch erhöht. Vor allem Radio und Fernsehen erreichten mehr Menschen als je zuvor. Aber auch diese Technologien waren zunächst nur den Eliten zugänglich. Die Publikationsmittel waren nicht demokratisch verteilt. Deshalb wurden diese Instrumente zuerst von den Tyrannen des 21. Jahrhunderts genutzt, um eine große Anhängerschaft zu gewinnen. Die Macht der Kommunikation war asymmetrisch verteilt.
Die Zukunft ist bereits da - sie ist nur nicht gleichmäßig verteilt.
- William Gibson
Doch nach und nach brach das Kommunikationsmonopol auf. Zuerst verbreitete sich das Telefon in der Öffentlichkeit. Telefone hielten Einzug in die Haushalte und imitierten den Klatsch und Tratsch der „Stämme“, der nun weltweit verbreitet war. Kommunikation wurde unabhängig von Entfernungen. Das Telefon war das erste globale Kommunikationsmittel, wenn auch beschränkt auf persönliche Gespräche.
Niemand konnte jedoch vorhersehen, wie sich das Informationszeitalter entwickeln würde.
Ein Megaphon für alle
Die Erfindung des Computers hat schließlich die gesamte menschliche Kommunikation verändert. Sie befreite die Verbreitung des Wortes von allen bisherigen Beschränkungen. Informationen konnten nun mit wenig Aufwand auf digitalen Geräten gespeichert werden, wodurch die Kosten für die Vervielfältigung marginal wurden. Aber erst mit der Integration des Internets wurde die endgültige Kraft freigesetzt. Es machte die Kommunikation zwischen Menschen extrem billig, schnell und skalierbar. Es handelt sich um eine dreifache Gutenberg-Revolution, denn Text, Audio und Video sind nun sofort und überall für jeden zugänglich.
Zum ersten Mal kannst du jeden erreichen, der sich für dich (und den Kram in deinem Kopf) interessiert. Das Internet ist also ein Megaphon, das von Uninteressierten zum Schweigen gebracht werden kann. Diese Eigenschaft macht das Internet zu einem Instrument des freien Marktes der Ideen (lassen wir das Problem der Zentralisierung der Einfachheit halber beiseite).
Jeder kann jetzt seine Einzigartigkeit herausstellen und sie Menschen finden lassen (obwohl es Zeit braucht, bis die Netzwerkeffekte einsetzen). Das Internet belohnt also langfristige publizierte Authentizität, welche schließlich die gesamte Geschichte der Arbeit umkrempeln wird. „Folge deiner Leidenschaft“ wird mehr als nur ein Motto sein. Es wird zu einem Lebensstil mit monetären Anreizen werden.
Die Frage „Wie benutzt man das Megaphon?“ sollte daher die Frage der Wahl sein. Denke gründlich darüber nach. Noch nie in der Geschichte war dein Wort so wirksam wie heute.