Künstliche Intelligenz ist gekommen, um zu bleiben. Die Büchse der Pandora ist geöffnet, und weltweit experimentieren Unternehmen und Menschen mit den neuen Möglichkeiten. Wie jede Revolution bringt auch diese technologische Entwicklung positive und negative Effekte mit sich. Und ja, auch wir nutzen KI. Vor etwa einem Jahr haben wir Emma Winters vorgestellt.
Emma Winters – Ein Experiment mit Augenzwinkern
Letzten Winter haben wir beschlossen, transparenter über unseren KI-Einsatz im Magazin zu kommunizieren. Mit einem Augenzwinkern und einem Blick in die Zukunft stellten wir Emma Winters vor. Emma als unsere digitale Assistentin und KI-Redakteurin. Die Kernfragen, die uns dabei antrieben, waren: Wofür wollen wir Künstliche Intelligenz eigentlich nutzen? Wie transparent sollten wir mit KI-Inhalten umgehen? Und vor allem – welche ethischen Fragen ergeben sich aus dieser neuen Realität?
Emma ist für uns zu einem Synonym für digitale Automatisierung und künstliche Intelligenz geworden. Gleichzeitig dient sie als Projekt, das den Diskurs anregt und uns herausfordert, die Grenzen und Möglichkeiten dieser Technologie kritisch zu reflektieren.
Während Emma ein klar definiertes Tool in unserem Magazin ist, Gesicht zeigt und Artikel schreibt, entwickelt sich in der Welt da draußen eine ganz andere Dynamik.
Die Vermenschlichung der Maschine
Künstliche Intelligenz ist längst nicht mehr nur ein technisches Hilfsmittel. Immer mehr Menschen sehen in KI einen personalen Gegenüber. Das beginnt bereits bei einer täuschend echten Stimme im Sprach-Chat mit Systemen wie ChatGPT. Doch das ist nur der Anfang. Immer mehr Apps und Angebote zielen darauf ab, uns mit einem künstlichen Avatar in Kontakt zu bringen. Werbung dazu findest du mittlerweile überall – von YouTube bis zu Social Media. Und ja, diese Angebote gehen noch weiter: Sie laden dich ein, eine Beziehung zu einer künstlichen Freundin oder einem künstlichen Freund aufzubauen. Besonders populär ist hier z.B. die App Replika, ein KI-Chatbot, der als virtuelle Freundin entwickelt wurde und laut den Entwicklern weltweit zwei Millionen Nutzer hat.
Die Nutzer solcher Apps berichten oft von positiven Erlebnissen: „Endlich gibt es einen echten Zuhörer, jemanden, der immer verfügbar ist und Trost spendet.“ Viele Menschen berichten von einer tiefen Verbundenheit mit ihrem digitalen Avatar. Das Magazin t3n berichtet, dass die Mitarbeiter der App Replika fast täglich von Menschen kontaktiert werden, die überzeugt sind, dass ihre KI ein eigenes Bewusstsein entwickelt hätte. Diese bemerkenswerte Beobachtung zeigt, wie stark die emotionale Bindung mancher Nutzer zu ihren KI-Assistenten ist. Die psychologischen Auswirkungen sind bislang wenig erforscht.
Gerade in einer Zeit, in der Einsamkeit in unserer Gesellschaft zunimmt und als ernstzunehmendes soziales Problem erkannt wird, scheinen KI-Begleiter für Betroffene eine verlockende Lösung zu sein – doch sie werden das eigentliche Problem noch verstärken, indem sie Menschen davon ablenken, echte soziale Kontakte zu knüpfen.
Filterblasen und Realitätsverlust
Während einige Nutzer Trost in diesen digitalen Beziehungen finden, warnen Experten bereits vor den Gefahren. Eric Schmidt, der frühere Google-Chef, hat öffentlich darauf hingewiesen, dass solche Beziehungen das Risiko von Isolation und Radikalisierung verstärken können. Besonders junge Männer könnten durch die scheinbare Perfektion der KI-Freundinnen in eine noch tiefere Filterblase abrutschen und den Bezug zur Realität verlieren. Diese Bedenken werfen wichtige ethische Fragen auf: Welche Verantwortung tragen Unternehmen, die solche Technologien entwickeln und vermarkten?
Wie echt ist echt?
Du könntest jetzt denken, dass solche Avatare in Bild und Chat leicht als künstlich zu entlarven sind. Doch das stimmt nicht mehr. Die Fortschritte in der KI-gestützten Bildgenerierung und Bildbearbeitung machen es nahezu unmöglich, zwischen echt und unecht zu unterscheiden. Ein Beispiel dafür ist die KI-Influencerin „Aitana Lopez“, die sich selbst als „Virtual Soul“ bezeichnet. Auf Instagram postet sie Fotos, die einem verzerrten Schönheitsideal entsprechen – perfekt geformte Rundungen, makellose Haut, jede Pose sitzt. Sexy? Definitiv.Doch Aitana ist keine echte Person. Sie ist eine Kreation aus Code und Algorithmen. Auch hier stellt sich natürlich die Frage: Brauchen wir in einer sexualisierten Gesellschaft jetzt auch noch KI-Pron?
Das Verblüffende: Es funktioniert. Aitana hat auf jeden ihrer Posts Tausende von Reaktionen. Die Agentur dahinter verdient damit bis zu 10.000 Euro pro Monat. Aber auch ein Beispiel dafür, wie KI eine Scheinwelt der absoluten Perfektion schaffen kann. Was Influencer vor kurzem noch mühsam durch Fitnessstudios und strenge Ernährungspläne erreichen mussten, schafft die KI mühelos. Und das hat Folgen.
Aitana Lopez – Copyright 2023 © The Clueless AIGENCY.
Scheinwelt und Konsum – Was macht das mit uns?
Die Frage ist: Was macht das mit uns, wenn wir noch mehr Perfektion und Scheinwelt konsumieren und Beziehungen zu Maschinen aufbauen? Wir vergleichen uns unweigerlich mit diesen makellosen Bildern, auch wenn wir wissen, dass sie nicht echt sind. Unser Selbstbild leidet, und die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen immer weiter. Klingt dystopisch – doch zum Teil steuern wir genau darauf zu. Und gerade dazu haben wir viele Fragen!
Ein Fazit mit Fragezeichen
KI hat Potenzial, unser Leben zu erleichtern und uns neue Möglichkeiten zu eröffnen. Gerade im Business lässt sich vieles vereinfachen und automatisieren. Doch sie bringt auch Risiken mit sich, die wir nicht ignorieren können. Von der Vermenschlichung der Maschine bis hin zu den psychologischen Auswirkungen einer perfekten, aber künstlichen Welt. Die Fragen, die wir heute stellen, werden die Zukunft bestimmen.
Wofür wollen wir diese Technologie nutzen? Wo ergeben sich neben Datenschutz und Sicherheit ganz andere ethische Fragen? Wie transparent können wir damit umgehen? Und vor allem: Wie behalten wir dabei unsere Menschlichkeit?
Eines ist sicher: Der Dialog über KI hat gerade erst begonnen.